Unsere Abiturientia 2017

Wir gratulieren herzlich unseren Abiturientinnen und Abiturienten, die nun ihre „Allgemeine Hochschulreife“ in den Händen halten:

Marie Theres Bauer (Notendurchschnitt 1,3), Florian Leonard Baukmann, Paul Bornemann, Alexander Borowski, Stefan Boy, David Badali, Till Felix Brügger, Nina Brun-Tatje, Svea Carstens, Annika Dornscheidt, Carlotta Ellenrieder (1,3), Nik Fischer, Maximilian Fouhy, Luca Gierden, Chiara Grothendieck, Savanna Grotzfeld, Julius Habbich, Nele Harperath, Lisa Kristin Hartmann, Jennica Hein, Felix Jenn, Annika Jeschke (1,0), Jannis Knaden, Lea Marie Kohrs, Amelie Kraus, Lars-Eric Kraus, Julian Kremer, Bastian Fabio Kummer, Balint Lanyi, Jana Lenz, Nina Licharz, Etienne Marcello, Marvin Milewski, Joshua Neumann, Charlotte Nickel, Antonia Niemeyer, Henrik Nöthe (1,2), Samuel Oana, Vincent Randhofer, Shannon Gisa Rasch, Thies Reinhold, Sarah Rieger, Alexandra Ritter, Anastasia Röder, Sinan Rohskothen, David Schaal, Antonia Simo, Philip Sommer, Frederik Sons, Bianca Szelag, Hendrik Tafel, Syedra Thielemann, Natalie Ummenhofer, Nele Westrick, Philipp Wimmeroth, Leah-Sophie Winter.

Auszüge aus der Rede von unserer Schulleiterin Frau Dr. Gudula Meisterjahn-Knebel:

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,

es wird nicht einfach für Sie. Die Anforderungen, die die Welt an Sie stellt, sind hoch: Globalisierung, Digitalisierung, Wachstumszwang, Steigerungslogik, Entfremdung, Beschleunigung. Hat die Schule Sie mit Fähigkeiten ausgestatten, diesen Anforderungen begegnen zu können?

Der Soziologe Hartmut Rosa hat in seinem Buch „Resonanz – Eine Soziologie der Weltbeziehung“ eine Soziologie des guten Lebens, entwickelt. Er erzählt u. a. die Geschichte von Vincent und Gustav, zwei begabten Nachwuchskünstlern, die an einem Malwettbewerb teilnehmen. Sie haben zwei Wochen Zeit, ein Bild zu einem selbstgewählten Thema zu malen. Gustav besorgt sich eine stabile Staffelei und die richtige Beleuchtung, eine hochwertige Leinwand und ein Arsenal an Pinseln, dazu die richtigen Farben. Nun macht er sich auf die Suche nach dem richtigen Thema. Am letzten Tag vor Ablauf der Frist beginnt er schließlich zu malen. Vincent dagegen beginnt einfach: Zunächst ohne klare Vorstellung davon, was er da malt, entsteht nach und nach eine Welt voll Farben und Formen, die ihm stimmig erscheint. Wer wohl den Wettbewerb gewonnen haben mag? Gustav ist ressourcenorientiert,  ressourcenfixiert. Aber auch Vincent produziert nicht einfach große Kunst, doch seine Chancen erscheinen größer.

Verhindert eine Ressourcenfixierung auch das Gelingen unseres Lebens? Wir versuchen, unsere Ressourcenlage zu optimieren: ein Job, ein Haus, eine glückliche Familie, mir geht es gut, also bin ich zufrieden. Dem gegenüber verbleiben trotzdem beispielsweise Depressionen und große Leere. Doch worauf kommt es denn eigentlich an? Rosa ist der Ansicht, dass es im Leben auf die Qualität der Weltbeziehung ankomme, also auf die Art und Weise, wie und in der wir als Subjekt Welt erfahren und in der wir zur Welt Stellung nehmen, auf das Entstehen eines „vibrierenden Drahtes“: auf der einen Seite intrinsische Interessen, die sich entwickeln können, wenn wir das Leben lieben, auf der anderen Seite die Intaktheit der Selbstwirksamkeitserwartungen, Dinge, Menschen zu erreichen, aber auch etwas zu erreichen oder bewegen zu können. Selber erfährt man sich auch in einem solchen Prozess als beweglich, als berührbar. Wir alle kennen Redewendungen wie: Wir sind auf einer Wellenlänge. – Der Berg ruft. – Der Saal knistert. – usw. Das Ausmaß der Resonanzerfahrung, also der Beziehungsmodus, den Rosa als Antwortbeziehung (im Unterschied zur Echobeziehung) klassifiziert, ist entscheidend für unsere Welterfahrung und Weltaneignung. Resonanz ist ein menschliches Grundbedürfnis.

Rosa ist davon überzeugt, dass sich in der Schule entscheidet, welche Resonanzsensibilität ein junger Mensch ausbildet. Wir werden nur dann gut in einem Fach oder einer Tätigkeit, wenn wir etwas zu erreichen und/oder zu bewegen vermögen, immer dann, wenn das Material, mit dem wir uns beschäftigen, uns „antwortet“, vibriert. Es geht immer um die Frage, ob Lehrer, Schüler und Stoff bzw. Inhalt füreinander stumm und feindlich oder auch gleichgültig bleiben ober ob Lehrer, Schüler und Stoff den Resonanzdraht in Schwingung versetzen können und die Welt zum Singen bringen.

Ich hoffe sehr, für uns und für Sie, dass es uns gelungen ist, im Laufe der Schulzeit zumindest einen Teil der Welt zum Klingen zu bringen. Ich hoffe sehr, dass wir so etwas wie eine Weltbeziehungsbildung, eine Resonanzfähigkeit anlegen konnten, die als das entscheidende Charakteristikum von Begabung genannt wird (und nicht Intelligenz).

Es geht also ganz wesentlich um Ihr Interesse für die Welt. Gehen Sie in die Welt, finden Sie dort Ihre Aufgabe, eine Aufgabe, die Sie in ein Resonanzverhältnis zur Welt bringt, damit ein Draht entsteht, der vibriert, Rückwirkungen hat.

Hier die vielbeachtete Rede von Frau Dr. Gudula Meisterjahn-Knebel in gesamter Länge.