Schreiben gegen Unrecht zum Tag der Menschenrechte

„Dieser hier ist erblindet, weil die Polizei einfach in die Menge geschossen hat“, empört guckt Jonas in die Runde. Die Sechstklässler sind sich einig: Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Die sieben Jungs vom Hagerhof sitzen in der Bibliothek und schreiben, was das Zeug hält. In einem sogenannten Briefmarathon fordern sie Regierungen auf der ganzen Welt dazu auf, solche Ungerechtigkeiten zu beenden

Gustavo Gatica aus Chile war im Oktober 2019 einer von Millionen Menschen, die in dem südamerikanischen Staat gegen soziale Ungerechtigkeiten auf die Straße gingen. Bei einer der Demonstrationen schoss die Polizei mit Schrotkugeln auf Kopfhöhe in die Menschenmenge. Wie viele andere verlor auch Gustavo sein Augenlicht – stillschweigend hingenommen von den Behörden. 

Jedes Jahr fordern Hunderttausende Menschen weltweit anlässlich des „Internationalen Tages der Menschenrechte“ am 10. Dezember, Regierungen auf, gewaltlose politische Gefangene freizulassen und Unrecht zu beenden. 2020 gehen die Briefe an zehn Menschen oder Gruppen in zehn Ländern, die Unterstützung brauchen. An diesem Briefmarathon, initiiert von Amnesty International, beteiligen sich auch Schulen, so wie Schloss Hagerhof, hier von der Schülervertretung organisiert. Martina Rohfleisch, Leiterin der Hagerhof-Bibliothek, ist überwältigt von der großen Resonanz der Schüler*innen und ihrer Anteilnahme. Sie hofft darauf, dass sich bis zu den Ferien noch ganz viele Kinder in der Bibliothek einfinden, um mit ihren Unterschriften die Regierungen unter Druck zu setzen. 

Der Briefmarathon ist mittlerweile die größte internationale Amnesty-Aktion: 2016 schrieben Menschen aus fast 200 Ländern zusammen insgesamt 4,6 Millionen Briefe. Einzelne Briefe lassen sich wegwerfen, so Amnesty, aber Tausende lassen sich nicht ignorieren. Der gemeinsame Einsatz für Menschenrechte ist erfolgreich: Zu Unrecht Inhaftierte wurden freigelassen, diskriminierende Gesetzestexte geändert und politische Aktivist*innen in ihrer Arbeit gestärkt. In diesem Jahr auch unterstützt mit den Briefen von Jonas, Noah, Timm, Pepe, Leo, Max und Jan. 

 

 

 

 

 

 

Text und Fotos: Claudia Hennerkes