„Gesellige Flächen und neugierige Linien“ – inklusives Kunstprojekt in Hohenhonnef

Zehn Tage im Februar fuhren sieben Schülerinnen und Schüler jeden Morgen „Zum blauen See“ nach Hohenhonnef – ein malerischer Ort im wahren Sinn des Wortes. Dahinter verbirgt sich nämlich das Kunstatelier der Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Dort nahmen sie an einem Workshop teil, der finanziell vom Bad Honnefer Aalkönigskomitee unterstützt wurde.

Ziel des künstlerisch-sozialen Projekt war es, Jugendliche und beeinträchtigte Menschen gemeinsam arbeiten zu lassen und Respekt und Anerkennung füreinander zu entwickeln. Jeder soll sich nach seinen individuellen Begabungen und Fähigkeiten im Rahmen der Kunst entfalten.

Schon in den ersten Tagen zeigten sich unsere Kunstlehrer/in Peter Stehr und Anke Noreike angetan von der Idee und der Umsetzung: „Der integrative Workshop läuft prima, die Schüler sind begeistert und pflegen einen angenehmen und produktiven Austausch mit den Klienten von Haus Hohenhonnef. Es herrscht dort eine wundervolle Atmosphäre!“

Unsere Schülerin Sira Schmitz schildert die Erlebnisse und Eindrücke während dieses Workshops:

Wir, sieben Schüler und Schülerinnen aus der 10. und 11. Jahrgangsstufe nahmen innerhalb des Förderbereichs in der Kunstwerkstatt im Rahmen eines integrativen Kunstprojekts der Hohenhonnef GmbH, einer gemeinnützigen Gesellschaft der Cornelius-Helferich-Stiftung für Menschen mit Behinderung, teil.

Am ersten Tag unseres Praktikums lernten wir zunächst die drei Künstlerinnen und Initiatorinnen des Projekts kennen: die Dozentin des Kunstprojekts, Frau Gabriela Renz, welche extra dafür aus dem Ruhrgebiet angereist war, die Künstlerin und Leiterin der Kunstwerkstatt von Hohenhonnef, Frau Bärbel Heimann, und die Bad Honnefer Künstlerin und Initiatorin Franka Peikert, die ehrenamtlich in Hohenhonnef tätig ist und sich stark für das Projekt bei der Aalkönigsstiftung eingesetzt hat. Nach einer „Kennenlernrunde“ und notwendiger Bürokratie begannen wir, die für uns bereitgestellten Materialien auszuprobieren und kennenzulernen.

Das Thema des „Integrativen Kunstprojekts“ war die Vielfältigkeit der Linie oder anders gesagt, was eine Linie so alles kann. Zunächst forderte Gabriela uns dazu auf, im Atelier verschiedene Strukturen zu suchen und kurz auf einem Blatt zu skizzieren. Anschließend malten wir noch mit spezieller Kreide, die man mit Schuhcreme und einem Lappen wunderbar verreiben konnte, und speziellen sogenannten „Guachefarben“ auf DIN-A3-Formaten. Dabei lernten wir die verschiedenen Farben und deren Mischbarkeit kennen. Die Zeit verging wie im Flug und um 14 Uhr holten uns bereits die Hagerbusse ab und wir fuhren zurück in die Schule, wo wir am noch verbleibenden Unterricht teilnahmen.

Am zweiten Tag lernten wir die Klienten kennen, die uns mit einem breiten Lachen die Tür der Kunstwerkstatt öffneten und uns schon erwarteten. Wir setzten uns alle an den langen Tisch, der bedeckt war von einer bereits mit frohen Farben bekleckerten Tischdecke und Gabriela erklärte uns unsere erste Aufgabe. Wir wiederholten zunächst die Aufgaben, die wir bereits den Tag zuvor begonnen hatten, schauten uns die Werke an, gaben Kritik und lachten über einige undefinierbare Dinge, welche wir mit geschlossenen Augen gemalt hatten. Die anfängliche Distanz lockerte sich nach und nach auf und wir kamen in verschiedene Gespräche. Einige der Klienten waren sehr gesprächig, einige weniger, aber niemand war ausgeschlossen – eine schöne angenehme Arbeitsatmosphäre.

Nach der Mittagspause stellte Bärbel, wie auch in den darauffolgenden Tagen, immer einen Klienten und dessen Arbeit und Werke vor. Die Werke jedes einzelnen waren, jedes auf seine Art und Weise, wunderschön und zeigten eine starke Charakterlichkeit. Nach der Künstlervorstellung malten wir weiter, bis wir um 14 Uhr schließlich wieder von den Hagerbussen abgeholt wurden. Die erste Woche verging wie im Flug …

Wir malten wie auch die Tage zuvor und übten für die großen Leinwände. Dafür nahmen wir nicht nur den klassischen Pinsel, sondern sammelten auch verschiedene Naturmaterialien wie zum Beispiel Moos, Tannenzweige oder Bucheckernschalen, tunkten diese in Tusche und malten mit ihnen. Am Freitag der ersten Woche unseres Projekts malten wir paarweise, also ein Klient und ein/e Schüler/in, auf zwei kleinere Probeleinwände gemeinsam, welche wir am Ende mitnehmen durften. Über das Wochenende bekamen wir von Gabriela die Aufgabe, ein Foto oder Motiv mitzubringen, welches man dann später auf die Leinwand bringen sollte.

Am Montag der zweiten Woche malten wir mit spezieller Kreide unsere mitgebrachten Fotos oder Motive auf ein Probeblatt vor, welches uns später für die große Leinwand als Vorlage dienen sollte. Nachdem jeder ein Foto oder Motiv gefunden hatte und zufrieden war, begannen wir die großen Leinwände auszupacken und auf die Staffeleien zu stellen. Mit stark verdünnten, fast durchsichtigen Acrylfarben begannen wir dann, langsam auf den großen Leinwänden zu malen. Manche von uns Schülern bemalten wieder gemeinsam mit einem Klienten die Leinwand, einige arbeiteten allein. Nach und nach konnte man erstes Schaffen erkennen. Die Klienten waren bereits morgens in bester Laune und motivierten uns manchmal noch als verschlafene Schüler, doch nun endlich mit dem Malen anzufangen. Die große Leinwand erschien einem zunächst riesig, doch nach und nach nahm sie Gestalt an und bekam Leben, dann war auch schon Donnerstag, unser vorletzter Tag.

Wir arbeiteten intensiv und unsere Leinwände wurden fertig gemalt, oder soweit, dass am letzten Tag nur noch die letzte Farbe gemalt werden musste, um die Leinwand fertigzustellen. An dem Tag entstand auch ein Gemeinschaftswerk, an dem jeder mitwirkte.

Und dann war auch schon unser letzter Tag. Diejenigen, die mit ihrem Werk noch nicht fertig waren, malten weiter daran, die anderen bemalten kleine Leinwände oder anderes. Als schließlich alle fertig waren, setzten wir uns gemeinsam ein letztes Mal an den langen Tisch und betrachteten gemeinsam unsere Kunstwerke. Wir suchten für jedes einen Titel, wenn es nicht schon einen erhalten hatte.

Nachdem alle Bilder betitelt waren, wurden wir zum gemeinsamen Mittagessen mit den Klienten und Veranstaltern eingeladen. Das Essen war köstlich. Ein großes Lob und Dankeschön an die Küche dort!! Und dann war es auch schon so weit. Wir verabschiedeten uns von den Klienten, die wir mittlerweile bereits tief ins Herz geschlossen hatten. Es war ein unglaubliches Kunstprojekt auf einer sehr besonderen Ebene – jeder sollte so etwas einmal miterlebt haben!

Wir, hier, leben heute in einer Welt umgeben von Luxus. Was bringt einem hier eigentlich noch zum Strahlen? Eine neue Designer-Tasche oder ein neues Smartphone?

Wir leben im Überfluss und merken es meistens noch nicht einmal. Wir wollen immer mehr, immer besser sein, dabei vergessen wir oft, auf das Kleine, Unscheinbare zu achten. Dieses Strahlen der Klienten, die ich kennenlernte, kam nicht bei dem Blick auf eine Designer-Tasche oder das neueste Smartphone auf dem Markt. Nein. Das Strahlen dieser Menschen kam durch eine Farbe. Durch eine einfache Farbe.

Sira Schmitz, Klasse 10

Die entstandenen Arbeiten werden beim Aalkönigs-Krönungsfest im September ausgestellt sowie am Sommerfest am 10. Juni im Haus Hohenhonnef.